Ob ehrlich oder gespielt, durch fleißige Arbeit oder durch Betrug und Lügereien, es geht immer darum, ein Ziel zu erreichen. Jedoch, muss man dabei über Leichen gehen bzw. ist jedes Mittel zum Zweck gut?
Keine Antworten auf diese Fragen, jedoch reichlich Stoff zum Überlegen und Ausdiskutieren gab die Commedia lirica in drei Akten nach Giuseppe Verdi, inszeniert von Tama Matheson, am vergangenen Samstag, den 19.01.2013, mit der Premiere von „Falstaff“.
Falstaff ist ein Begriff aus der Literatur. Dieser steht für einen Menschen, der zur Selbstüberschätzung neigt bzw. für einen Trinker und Betrüger.
Die Figur, die ursprünglich John Oldcastle heißen sollte, wurde unter anderem in den Stücken „Heinrich IV.“ und in „Den lustigen Weibern von Windsor“ von William Shakespeare dargestellt. Auch Tama Matheson wagte mit ihrer Inszenierung ihre Sicht auf die Persönlichkeit von Falstaff.
Jedoch nicht die betrügerische Natur von Falstaff oder seine Überheblichkeit wurden zum Leitthema im Stück, sondern Mann-Frau-Verhältnisse. Um die Sachen beim Namen zu nennen, hilft es, in Kürze den Inhalt von „Falstaff“ wieder zu geben.
Falstaff (David McShane) ist ein dicker, widerlicher, schleimiger Typ, der nach einem Ausweg aus seiner instabilen finanziellen Lage sucht. Überzeugt von seiner Attraktivität und der männlichen Libido schreibt er je einen Brief an Alise und Margaret. Beide Frauen sind verheiratet und haben die Hand in der Kassa ihres Mannes. Wie ein wahrer Macho hat Falstaff einen guten Spruch parat und beschenkt beide Frauen mit dem gleichen Inhalt. Dabei vergisst er, dass jede Frau besonders ist und nicht gleich wie eine andere angesprochen werden will.
Da Mrs Alise Ford (Margareta Klobučar) und Mrs Mag Page (Xiaoyi Xu) enge Freundinnen sind, lesen sie auch die Liebesbriefe von Falstaff voneinander und stellen fest, dass der gute Mann die beiden Frauen für blöd hält. Sie beschließen Rache. Falstaff soll lächerlich gemacht werden, es soll Spott über ihn ergehen und das vor einer großen Öffentlichkeit.
Recht geschieht ihm, könnte man nur beipflichten. Keiner ahnt dabei, dass es Alise und Margaret um viel mehr als ungerechte Behandlung geht. Falstaff ist keine gute Partie. Er ist dick, schleimig, betrügerisch, ein Lügner und ein Loser wie es so viele gibt. Welche Frau kann denn auf so einen stehen? Und genau das ärgert beide Damen. Denn sie glauben Falstaff einen Grund gegeben zu haben, eine Andeutung oder ihm einen Blick zugeworfen zu haben, der ihm jetzt den Glauben gibt, er hätte eine Chance als ein feuriger Liebhaber an ihrer Seite. Die Frage ist nur: darf nicht jeder Mann bei jeder Frau auf eine Chance hoffen? Denn auch wenn man einfach nur Hoffnung hat, heißt es noch lange nicht, dass man eine Chance bekommt. Für viele Frauen, nicht nur aus der Zeit Falstaffs, sondern jetzt im 21. Jahrhundert bedeutet es eine Beleidigung, wenn ein Mann aus ihrer Partie nicht auf sie steht.
Nicht mal das bunte Bühnenbild von Peter Corrigan, das an einen Circus erinnern sollte, konnte die im vollen Saal etwas gelangweilte Stimmung auflockern. Die Dekoration im zweiten Akt hat die noch frischen Erinnerungen an Weihnachten hervorgerufen, so erging es zumindest dem Musikproduzenten Rothschädel, der nach der Premiere mit die-frau seine Erlebnisse austauschte.
Mal bunt und mit einer besonderen Fasson, mal schlicht und weiß waren die Kostüme, die für ein Durcheinander im Stück sorgten.
Viele Zuschauer verließen den Saal bereits während des Beifalls. Keine Standing Ovations, keine Blumen für die Darstellerinnen, nur ein wenig Stoff zum Diskutieren.
„Falstaff“ von Verdi spielt von 19.01.2013 in der Oper Graz.