09.07.2012 |
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Theater im "Kistl" – ein Kulturabend a la Home Cinema
Das Feeling eines Theaters setzt sich neben dem Schauspiel, den Kostümen, dem Bühnenbild u. a. aus dem Gebäude, der Umgebung und natürlich nicht zuletzt aus den Zuschauern zusammen.
Das Theater Kistl im Grazer Bezirk St. Leonhard ist ein winziges Gebäude, ähnlich einer Kapelle mit einem schmalen Eingang und auf den ersten Blick relativ wenig Platz. In einem Hinterhof ist es romantisch zwischen Wohnhäusern und einigen Werkstätten gelegen. Da überrascht es umso mehr, dass 54 Leute in den kleinen Saal reinpassen sollen, die Stehplätze mitgerechnet sogar 70! Diese Elemente verschaffen einem Besucher nicht nur ein Home Cinema Feeling, sondern überhaupt ein sehr positives Theatergefühl. Bei der (kleinen) Theatergruppe des Hauses handelt es sich um die Komödianten in St. Leonard. Dieser Tage wurde zum letzten Mal in der laufenden Saison "Der Hund von Baskerville" aus der Feder von Sir Arthur Conan Doyle, dem Erfinder des Meisterdetektivs Sherlock Holmes, gespielt.
Auch wenn die Schauspieler im "Kistl" nicht von ihrer Kunst leben können, so kann man ihnen Professionalität keinesfalls absprechen. Ursprünglich wurde das Kollektiv als Seniorentheater gegründet, das sich heute zu einem Theater für ein breitgefächertes Publikum gemausert hat. Unter den Besuchern waren Familien mit Kindern und mehrere junge, aber auch ältere Personen.
In der Pause rauchten die Schauspieler in dem kleinen Hof neben dem Gebäude und man konnte sie bei der Gelegenheit anreden. So packte ich die Gelegenheit beim Schopf. Meine Gesprächspartnerin, Petra Pauritsch, outete sich als eine sehr vielseitige Persönlichkeit, die neben dem Schauspielen im "Kistl" eine Verantwortung in zwei Theatervereinen für junges Publikum trägt und redaktionelle Tätigkeiten beim steirerstern und diversen Online-Medien ausübt. Auch wenn man bei solchen Aussagen leicht skeptisch wird, so ist es im Grunde keine besondere Kunst, sondern eher die Art und Weise des existenziellen Über-die-Runden-Kommens. Denn neben einem Hobby braucht man doch das Brot zum Essen und das Geld für die Miete.
Beim Stück muss sich jemand, dessen Muttersprache nicht Deutsch ist, anstrengen, wenn frau jedes Detail der Handlung verstehen will. Die Art und Weise, wie Sherlock Holmes der Wahrheit auf die Spur kommt, und seine ausgezeichnete Intelligenz bewegten mich dazu, mehr über ihn und seine Abenteuer nachzulesen. Besonders freut mich, dass die Originalsprache Englisch ist und ich somit zwei Fliegen auf einen Schlag schaffen werde. Das bewegliche Bühnenbild und die Szenenwechsel mitten im Stück machten die Aufführung noch um Einiges lebendiger.
"Der Hund von Baskerville" am Theater "Kistl" ist neben den obligatorischen Besuchen der der Staatsoper und der Bundestheater eine absolute Must-Visite für echte TheaterliebhaberInnen.
Varvara Shcherbak