05.06.2010 |
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Sympathie vs. Struktur
„Der letzte vergebliche Versuch der Popkultur“ in der Wiener Garage X.
Das Garage X Theater am Petersplatz trumpft mit dem Sänger, Autor und Theaterregisseur Schorsch Kamerun bei der Premiere von „Der letzte vergebliche Versuch der Popkultur“ am 12. Mai mächtig auf. Er glänzt mit Sympathie, einer sich nichts scherenden Unverfrorenheit und einem extravaganten Humor beim Publikum. Das Mulitalent wirkt seit etwa zehn Jahren intensiv beim Theater mit und inszeniert seine eigenen Stücke. Auch ist er bereits seit 26 Jahren Sänger der legendären Hamburger Punkband „Die Goldenen Zitronen“.
Das Theaterstück „Der letzte vergebliche Versuch der Popkultur“ bringt den Zuseher durchaus zum Schmunzeln. Schorsch Kamerun versteht es, mit dem Publikum umzugehen. Diese Distanz, die bei den meisten anderen Theaterinszenierungen zu spüren ist, kann ihm merklich nichts anhaben. Er spielt mit dem Publikum, und wenn auch die Zuschauer selbst weniger in die unangenehme Situation der Selbstdarstellung kommen, ist doch jeder dem Geschehen sehr Nahe. Mitschuld an diesem Nähegefühl ist wohl auch die unkonventionelle Art des Garage X Theaters, welches ihr Publikum größtenteils stehen lässt. Dies bringt jedoch auf Dauer die Zuseher in eine gewisse Unruhe, welche wiederum als störend empfunden wird.
Das Stück beginnt wie ein Vortrag. Schorsch Kamerun erzählt, wie die Inszenierung zustande kam, nur wenig Zeit blieb ihm, um das Theaterstück zu organisieren. Dazu schnappte er sich Schauspieler des Konservatoriums Wien und gründete mit ihnen eine so genannte Popakademie. Er erzählt dies mit einer Gelassenheit, die Sympathie weckt. Ziel des Stückes war es, den Werdehergang der Popkultur nachzuzeichnen und dessen Todesdatum festzulegen. Die Parodien über die Popkultur, mit denen Schorsch Kamerun werkelt, sind witzig und voller Ironie. Unter anderem werden Künstler wie Antony & The Johnsons, sowie Scooter von ihm satirisch in der Luft zerrissen. So stülpt er sich zum Beispiel ein enges Kleid über, singt schrecklich hohe Töne und lässt Lichteffekte passend abstimmen, um die von ihm dargestellte Figur der Lächerlichkeit preis zu geben.
Auf der Bühne nimmt reihum eine Jury Platz, bestehend aus namhaften Leuten wie Eva Jantschitsch (Gustav), Doris Knecht (Falter), Christian Schachinger (Standard), Walter Gröbchen (Labelchef monkey music), Gerhard Stöger (Falter), Franz Adrian Wenzl (Austrofred/Kreisky), Christina Nemec, Didi Neidhart (Chefredakteur Skug), David Pfister (FM4). Diese Jury ist zuständig für die Wertung. Wie eine Diskussionsrunde sitzen sie an einem Tisch und schenken für die Gäste ein fragwürdiges Mischgetränk aus. Dabei hat man leider manchmal das Gefühl, dass jene vergessen, dass sie durchaus Teil der Inszenierung sind. Die Lockerheit des gesamten Theaterstücks zerrt beträchtlich an der Konzentration des Publikums.
Die Schauspieler treten erst sehr spät vor den Vorhang. Zuvor spielt sich ihr Schauspiel lediglich verdeckt auf dem hinteren Bühnenteil ab, nur ihre Silhouetten sind klar ersichtlich. Zusätzlich sind jedoch zwei Bildschirme auf der Bühne angebracht, die dem Publikum einen Blick hinter jene Kulisse bieten. Musikinszenierungen und Schauspiel begleiten unauffällig fast das gesamte Theaterstück. Es ergibt sich dadurch ein Wechselspiel zwischen dem Hintergrund und den vorrangigen Gesprächen, wobei die Schauspieler wieder und wieder durch die angebrachten Screens ins Rampenlicht rücken.
„Der letzte vergebliche Versuch der Popkultur“ ist aufgrund der fehlenden klaren Strukturen ein einzigartiges Erlebnis, jedoch wird dem Abend genau diese Freiheit zum Verhängnis. Oft schweifen die Gespräche der Jury ab und damit auch die Aufmerksamkeit des Publikums. Schorsch Kamerun versucht, das Ganze zu lenken, und schafft es meistens, die Zuseher durch seinen Humor zurückgewinnen. Ein Theaterstück, das keines ist, ein inszenierter Abend, der aus den Fugen gerät.
(ik)