Nach der Premiere von "Bunny" von Jack Thorne am Schauspielhaus Graz meinten manche Zuschauer, im Stück werde polarisiert, die Inhalte, die Realität seien zugespitzt. Traurigerweise ist der Inhalt der Aufführung eine direkte Widerspiegelung des Lebens der modernen Jugend. Wenn noch vor den Kriegszeiten Händchen halten ausschließlich nach einer offiziellen Verlobung gesellschaftlich erlaubt war und die meisten Frauen ihre Jungfräulichkeit bis zur Trauung aufgehoben haben, so gehört es heutzutage zur guten Sitte, dass eine Frau gleich mit 15 wie ihre anderen Schulkolleginnen (man ist ja ungerne eine Außenseiterin) ihr erstes Mal hat. Eine Tatsache, die viele Eltern nicht wahr haben wollen, unbewusst jedoch sich dieser Tatsache bewusst sind. Um wiederum nicht aus der Masse herauszustechen bzw. weil die jungen, unerfahrenen Männer doch nicht so gut sind, wie die jungen Frauen diese sich vorgestellt haben, wird das Bouquet mit Alkohol und Drogen vervollständigt.
Henriette Blumenau in der Rolle der Katie spielt brillant und sehr natürlich diese wilden Partys und Pornosexszenerien. Katie hat schon einige sexuelle Erfahrungen, sie weiß auch ihre Sexualität einzusetzen, versteht aber erst nach der Phrase "Du bist für mich zu leicht zu
haben" als sie ohne ihre Panty neben Asif, einem Pakistani, den sie gerade einen Tag kennt, in seinem Auto sitzt, dass ihr ihrer Meinung nach naives Spiel zu weit gegangen ist. Sie versteht, dass sie nicht einen Weg ins Paradies, sondern einen ins Jenseits ausgewählt hat. Leichte Beute für hungrige Hunde, keine Zukuftsperspektiven, auch wenn ihr Vater an sie glaubt (vielleicht die erste Akademikerin in der Familie).
Es geht in der Aufführung nicht um eine arme Seel
e, um einen pubertierenden Teenager, der trotz seiner Mühe sich selbst nicht findet. Nein. Es handelt sich um eine junge Frau, die zwar "nirgendwo" hineinpasst, was aber so viel bedeutet, dass sie immer noch auf der Suche nach sich selbst ist und sie muss sich gar nicht anpassen, sondern sich selbst finden, ihren eigenen Weg. Ein Dilemma, bei dem sie wohl sehr einsam ist.
VS
Fotos: Annette Boutellier