26.05.2010 |
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Hauptsache anständig bleiben
Berlin Alexanderplatz für das breite Publikum?
Die Stadt im Hintergrund wird selbst zur handelnden Figur, Fragmente, Montagen und Überforderung zeichnen Alfred Döblins Roman Berlin Alexanderplatz aus. Vom 26. April bis zum 22. Mai wird die Bühnenfassung von Gerhard Werdeker im Spielraum Theater Wien aufgeführt. Ausverkaufte Vorstellungen lassen erahnen, dass man aus diesem schwierigen Stoff noch so einiges herausholen kann.
Anständig will er sein, der Franz Biberkopf (Tristan Jorde), doch er scheitert an seinem Vorhaben, nachdem er eine Freundschaft mit Reinhold (Peter Pausz) schließt. Der Roman wird in dieser Bühnenversion auf das Wesentliche, also auf den Inhalt, reduziert, wodurch das Publikum der Handlung folgen kann. Die Montage-Effekte werden durch überlappende Video-Einspielungen und die Darsteller selbst, in der Rolle der Stadt, dargestellt. Egal ob Kinderlied, Marschgesang, Zeitungsreklame oder Bibelzitat - man erkennt die Überforderung des Franz Biberkopf in seinem Versuch, nicht zu scheitern.
Reinhold stößt Franz Biberkopf vor ein Auto, wodurch er seinen Arm verliert. Eine große Traurigkeit befällt ihn und lässt ihn an seiner Anständigkeit zweifeln. So wird er der Zuhälter von Mieze (Sibylle Gogg), die am Ende von Reinhold vergewaltigt und erwürgt wird. Das Spiel Sibylle Goggs ist einprägsam und verstörend zugleich. Man leidet mit Mieze, man möchte ihr helfen, doch als Frau kommt sie in dieser, von Männern dominierten, Welt nicht gegen die Gewalttaten an und kann ihrem Geliebten nicht helfen. Auch Biberkopf ist dieser Welt ausgeliefert und kann sich nicht wehren.
Das Bühnenbild (Raum: ebenfalls Gerhard Werdeker) ist einfach gehalten, eine weiße Wand, auf die ab und zu Bilder projiziert werden und durch die die Schauspieler kommen und gehen, ein rechteckiger Kasten, der mal als Podest, dann als Sarg, dann als Bett verwendet wird, steht in der Mitte. Im Hintergrund stehen meist die Darsteller, entweder zum Publikum hin oder weggedreht, und singen, rufen oder sprechen monoton. All das erzeugt eine triste, sogar bedrohliche Stimmung. Man ahnt, dass das alles kein gutes Ende nehmen kann. Die vielen verschiedenen Rollen werden von allen Schauspielern, abgesehen von Tristan Jorde, der immer Biberkopf bleibt, gespielt. So entsteht ein interessantes Wechselspiel und die Vielschichtigkeit der Stadt kommt zum Vorschein.
Berlin Alexanderplatz, bis zum 22. Mai im Theater Spielraum in Wien.
(dw)
Foto: Barbara Pálffy