Die Unwissentlichkeit bei Amtsmissbrauch der Staatsanälte und Richter als österreichische Besonderheit?
Dieses Strafverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft ***** am 29.4.2015 gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt, da ausgehend von den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Mag. ***** weder ein wissentlicher Missbrauch seiner Befugnisse, noch ein Schädigungsvorsatz nachgewiesen werden konnte. Damit ist der Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung weggefallen.
Diese Entscheidung das Verfahren einzustellen aus dem Jahre 2015, die normaler Weise nicht an die Öffentlichkeit gelangt, immunisiert Staatsanwälte und Richter gegen Anklagen wegen Amtsmissbrauch.
Nur da dieses Disziplinarerkenntnis veröffentlicht ist, kann man dies lesen, was niemand macht.
Einstellungen und Begründungen zu Einstellungen von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren werden NIE veröffentlicht.
https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/Justiz/JJT_20151110_OLG0819_0000DS00005_1400000_000/JJT_20151110_OLG0819_0000DS00005_1400000_000.html
Ich bin zufällig über diese Entscheidung gestolpert weil ich zum Pilnacek Intimus Nogratnig recherchierte, mich verschrieb, gleich wie in dieser Entscheidung falsch Nogratnig mit Nogratnik k statt g zitiert wurde.
Wenn ein kleiner Beamter oder Bürgermeister wegen Amtsmissbrauch angeklagt wird, da wird von einem wissentlicher Missbrauch seiner Befugnisse, oder/und einem Schädigungsvorsatz ausgegangen. Einem Staatsanwalt, der zwingend Jurist und damit rechtskundig ist, wird die Wissentlichkeit nicht unterstellt.
Unsere Rechtslehre der juridischen Fakultäten forschen nicht, ob das eine Besonderheit ist die nur zum Wohle von Richtern und Staatsanwälten von Staatsanwälten und damit der Staatsanwaltschaft so gehandhabt wird.
Ulrike Müller
Titelfoto Gerichtsgebäude Innsbruck Simon Legner
Gericht
OLG Innsbruck
Entscheidungsdatum
10.11.2015
Geschäftszahl
Ds5/14
Das Oberlandesgericht Innsbruck als Disziplinargericht für Richter und Staatsanwälte hat durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Salzmann als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Hoffmann und die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Dr. Brandstätter als weitere Mitglieder des Senates in der Disziplinarsache gegen den Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft ***** Mag. ***** über Antrag der Disziplinaranwältin vom 21.10.2015 beschlossen:
Spruch
Das Disziplinarverfahren wird gemäß § 130 Abs 1 erster Satz RStDG
e i n g e s t e l l t .
Begründung:
Text
Gegen den Disziplinarbeschuldigten wurde am 15.7.2014 gemäß § 123 Abs 1 RStDG die Disziplinaruntersuchung eingeleitet. Es bestand der Anfangsverdacht, dass Mag. ***** die ihm nach § 57 Abs 1 zweiter Satz RStDG auferlegten Pflichten, sich mit voller Kraft und allem Eifer dem Dienst zu widmen, die Pflichten seines Amtes gewissenhaft, unparteiisch und uneigennützig zu erfüllen und die ihm übertragenen Amtsgeschäfte so rasch wie möglich zu erledigen, schuldhaft verletzt habe, indem er in den nachangeführten Verfahren die gebotene Aufklärung und Verfolgung von Straftaten unterlassen sowie berechtigte Anträge von Verfahrensparteien nicht bearbeitet habe, und zwar:
***** St ***** (Unterlassung der Bekanntgabe der Gründe für die Ver- fahrenseinstellung trotz Antrages und Urgenz seit 18.6. 2013),
***** St ***** (Unterlassung der fristgerechten Fortsetzung des gemäß § 192 Abs 1 Z 1 StPO unter Vorbehalt späterer Verfolgung eingestellten Verfahrens),
***** St ***** (übertragen aus ***** UT *****; Unterlassung von Ermitt- lungen gegen den seit 7.12.2012 namentlich bekannten Verdächtigen),
***** St ***** (Unterlassung der fristgerechten Fortsetzung des gemäß § 192 Abs 1 Z 1 StPO unter Vorbehalt späterer Verfolgung eingestellten Verfahrens),
***** St ***** (Unterlassung der Fortsetzung und Bearbeitung des Er- mittlungsverfahrens seit 23.11.2012),
***** St ***** (Unterlassung der Fortsetzung und Bearbeitung des Er- mittlungsverfahrens seit 23.11.2012),
***** St ***** (Unterlassung der Bekanntgabe der Gründe für die Ver- fahrenseinstellung trotz Antrages seit August 2012),
***** UT ***** (Unterlassung von Ermittlungen und Bearbeitung eines Antrages eines der Opfer seit 8.2.2013),
***** St ***** (Unterlassung der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens seit 8.5.2013),
15 St 66/08f (Unterlassung der Bearbeitung von im April 2011 sicherge- stellten versiegelten Unterlagen).
Gleichzeitig wurde das Disziplinarverfahren bis zum Abschluss des gegen Mag. ***** behängenden Strafverfahrens wegen Verdachtes des Missbrauches der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB unterbrochen.
Dieses Strafverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft ***** am 29.4.2015 gemäß § 190 Z 2 StPO eingestellt, da ausgehend von den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Mag. ***** weder ein wissentlicher Missbrauch seiner Befugnisse, noch ein Schädigungsvorsatz nachgewiesen werden konnte. Damit ist der Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung weggefallen. Der Akt wurde daraufhin gemäß § 125 Abs 1 RStDG dem Untersuchungskommissär zugeleitet.
Rechtliche Beurteilung
Die durchgeführte Disziplinaruntersuchung hat nicht ergeben, dass die Mag.***** zur Last gelegten Verfahrensverzögerungen das Gewicht eines Dienstvergehens im Sinne des § 57 Abs 1 zweiter Satz RStDG aufwiesen, wofür Vorsatz oder auffallende Sorglosigkeit erforderlich wäre (Fellner/Nogratnik, RStDG, § 57 RN 40).
Über Antrag der Disziplinaranwältin war das Disziplinarverfahren daher gemäß § 130 Abs 1 erster Satz RStDG einzustellen.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OLG0819:2015:0000DS00005.140.1110.000
Gesamte Rechtsvorschrift heute
Alle Fassungen
Strafgesetzbuch
Kundmachungsorgan
BGBl. Nr. 60/1974 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 61/2012
Typ
BG
§/Artikel/Anlage
§ 302
Inkrafttretensdatum
01.01.2013
Außerkrafttretensdatum
Abkürzung
StGB
Index
24/01 Strafgesetzbuch
Text
Zweiundzwanzigster Abschnitt
Strafbare Verletzungen der Amtspflicht, Korruption und verwandte strafbare Handlungen
Mißbrauch der Amtsgewalt
§ 302.
(1) Ein Beamter, der mit dem Vorsatz, dadurch einen anderen an seinen Rechten zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes, eines Landes, eines Gemeindeverbandes, einer Gemeinde oder einer anderen Person des öffentlichen Rechtes als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich mißbraucht, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
(2) Wer die Tat bei der Führung eines Amtsgeschäfts mit einer fremden Macht oder einer über- oder zwischenstaatlichen Einrichtung begeht, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen. Ebenso ist zu bestrafen, wer durch die Tat einen 50 000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführt.
Anmerkung
ÜR: Art. 1 lit. C, BGBl. I Nr. 136/2004
Schlagworte
Amtsmissbrauch, Wissentlichkeit, Ausland, Großschaden, Schädigungsvorsatz, Missbrauch
Im RIS seit
25.07.2012
Zuletzt aktualisiert am
14.09.2015
Gesetzesnummer
10002296
Dokumentnummer
NOR40140764
European Legislation Identifier (ELI)
https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/1974/60/P302/NOR40140764