Wer unlängst im Fernsehgen den Zusammenschnitt „Best of Donnerstalk“ gesehen hat und befürchten musste, den ganzen Abend mit vorhersehbaren satirischen Sprüchen auf Politiker verbringen zu müssen, dem wurde von einem gut gelaunten Alfred Dorfer mit vielen treffenden Pointen aus dem Alltagsleben viel allzumenschliches Lachen entlockt. In der ersten Hälfte spulte der Kabarettist markante Stationen des Entwicklungsganges eines Jungen aus gutbürgerlichem Hause ab. Manches konnte dabei nicht sonderlich überraschen wie z. B. der stark gewachsene Arm eines 15-Jährigen infolge einer Tätigkeit abseits vom Tennisspielen. Trotz der hervorragenden drei Begleitmusiker, die ihre Instrumente wenn es hochkommt in Einsätzen von einer halben Minute aufgeigen ließen, kam in Hälfte eins doch keine allzu „Brüllen-vor-Lachen“-Stimmung im Publikum auf. Vielleicht auch hatte der als Musiker und Assistenzkabarettist agierende Gunkl, der ja doch mit seiner etwas hölzern intellektuellen Art eine gewisse Steifheit versprüht, vielleicht also hatte Gunkl zu lange Hilfseinsätze. Ständig wiederkehrende Themen waren die Kirche inklusive Religion, das Lehrertum, am witzigsten waren die Schilderungen eines typisch verbummelten Studentenlebens. Worüber empfindlichere Gemüter weniger lachen konnten, waren die philosophischen Anspielungen. Z. B. könnte es ja sein, dass jeder Mensch einen Parallelmenschen neben sich hätte. Der wäre z. B. gekennzeichnet durch die Berufswünsche der Eltern an ihre Kinder, neben seiner selbst als Kabarettist würde Dorfer sich dann auch als Lehrer, dem Berufswunsch seiner Eltern an ihn, begegnen. Sehr plastisch wirkten weiters die gespielten Witze, sprich die Sketches wie das Dramolettchen über das Kindsein im Gemeindebau. Der Schauspieler Dorfer hatte hier seine tollen Momente und die Zuschauer Erinnerungen an tolle Komödianten wie Harald Juhnke, Didi Hallervorden oder Peter Alexander.
Der Philosoph mit Witzblasen
Mit beinahe schon zu überdrehten schlangenhaften Bewegungen und mehr Tempo zog Dorfer dann in der 2. Hälfte die Stimmung an. Es sprudelten losere Sprüche, die vor allem die Auswüchse des Zeitgeistes bzw. die Schlagwörter desselben persiflierten: z. B. den Semi-Narr von der Uni, das hervorragend Aufgestellt-Sein der Besucher eines Wochenend-Semi-Narrs. Dazwischen gab es manch leisen Moment, in denen Dorfer mit Feingefühl versteckte Ecken aus der Psyche seiner Zuschauer ans Licht zerrte. Fraglich war nur, warum er mindestens ein Dutzend Mal die Pause und den Schluss des Abends ankündigte: eine geschickte Entspannungseinlage für Besucher, die sich in den engen Sitzen des Orpheums schon nach ein bisschen mehr Beweglichkeit sehnen und daher keine allzu schallenden Lacher mehr loslassen?
Als dritten Teil gab es den von den meisten Zuschauern erwarteten politischen Teil. Neben den Attacken auf rot, schwarz und blau fehlten jene auf grün. Doch halt: Sie waren in die Attacken auf die Zeitung „Der Standard“ eingepackt. Viel Häme auch auf das Land Österreich. Ein viel bewegter Dorfer zog das Publikum durch direkte Ansprache immer wieder zu sich auf die Bühne. Stellenweise empfand man ihn in seinen philosophisch-literarischen Pointen als clownesken Priester, dem seine Jünger, sprich seine Fans emphatisch an den Lippen hängen. Die Rolle der Frauen kam in dem Programm in einer tradierten Auffassung daher, z. B. die Reize der naturblonden Frauen mit dem dunklen Haaransatz. Dennoch waren von Frauen die lautesten Lacher zu hören. Gewiss, Dorfer ist gut aussehend und zusätzlich zu aller Witzelei ein gewiefter, vielseitiger Charmeur.
Insgesamt ein sowohl spritziger als auch zum Nachdenken anregender Abend für Freunde des intelligenten Humors abseits der parteipolitischen Couleurs. Großartig auch die Begleitcombo, die in Zehntelsekundenschnelle von Heavy Metal auf Jazz oder Kirchenlied und wieder retour umschalten konnte.
WaHo
Fotos und Montage: Robert Peres, Hubert Mican
peterrigaud.com