Gesundheit > Körper & Geist
Krank sein ist eine moderne Krankheit
26.07.2012
Vor Kurzem stand in einer Ausgabe von ÖSTERREICH, dass ein Leser Herrn Elsner stolz durch die Straße promenieren gesehen hat. Und das trotz seiner schweren Herzkrankheit, die sich noch dazu vor einigen Tagen verschlechtert hat. Stolz wird das Bild samt dem Artikel abgedruckt. Beim Lesen kochte mein Blut. Sein Leibarzt diagnostizierte nämlich eine Verhandlungsunfähigkeit seines prominenten Patienten: „Körperliche und emotionelle Belastungen sind absolut zu vermeiden.“ (ÖSTERREICH am 17.05.2012). Warum macht ein durchschnittlicher Österreicher daraus die Schlussfolgerung, dass krank sein automatisch bedeutet, einer sollte sich im Bett verschanzen? Wie schwer soll eine Krankheit sein, damit man die moderne Pille „im Bett legen und schlafen bzw. fernschauen“ einnimmt? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass man durchs Liegen in einem KRANKENbett in einem KRANKENhaus durch die Personen, die einen pflegen, gesund wird? Diese Pille scheint so fest in den Alltag eingeflossen zu sein, dass sie sogar sehr oft schon nur zur Vorbeugung angewendet wird.

Die modernen Vorstellungen über die Gesundheit sind durch das Krankheitsbild geprägt. Wir sehen den Weg zur Genesung anhand des Verhaltens eines kranken, gebrechlichen, unfähigen Menschen. Dabei sollte man doch zwischen sich erholen und die Kräfte für die weiteren Aktivitäten einholen einerseits und zwischen dem im Bett Liegen andererseits unterscheiden. Denn dieses Liegen ist ebenso die herrschende Annahme, wie dass Sex zu einer Beziehung gehört. So gilt als einzige Regel: Was der Arzt vorgeschrieben hat, sollte auch gut sein. So viel zum blinden Vertrauen zu den Ärzten.

Noch vor kurzer Zeit wurde dem Herrn Elsner vorgeworfen, dass er mit einer jungen Frau getanzt hat. Hätte man die Meinung eines Arztes (am besten eines Facharztes für Hormone) eingeholt, welchen Lebenstanz die Hormone in so einer Situation spielen, hätte man ihm jeden Tag den Besuch eines Tanzclubs mit einer jungen Partnerin vorgeschrieben. Denn Interesse für Frauen, noch dazu für viel jüngere Frauen (die Aussagen a´la „der könnte locker ihr Opa sein“ finde ich sehr dumm und vorurteilshaft) zu zeigen und sich noch dazu um sie zu bemühen, steigert das Niveau von Testosteron um ein Mehrfaches.  So etwas sieht die Gesellschaft aber natürlich als unpassend für einen Mann, der ohnehin eine Ehefrau oder Freundin hat oder wenn sein Alter ein solches Verhalten nicht mehr vorsieht. - Offen zur eigenen Sexualität zu stehen bedeutet Gesundheit. Eine bessere Vorbeugung des Herzinfarktes und anderer Herzkrankheiten als einen ausgeglichenen Hormonspiegel kennt die Medizin wohl eher nicht. Daher ist Herr Elsner ein wahres Beispiel dafür, wie man die gesunde Pille verweigert und stattdessen eine bittere anbietet. Oder ist jener Teil des Volkes, der dem Elsner in dieser Sache Steine in den Weg legt, einfach nur neidisch darauf, dass er sich traut so zu leben, wie ihm sein Gefühl sagt? Gesund sein ist heutzutage wohl nicht mehr modern. Oder nimmt man auf das bestehende Grundwissen, nämlich wie die Hormone entstehen und wie sie unsere Gesundheit beeinflussen, keine Rücksicht mehr? Wird dieses Heilmittel in der Praxis nicht mehr wahrgenommen?

Warum sollte einer, der fest mit seinen zwei Beinen auf dem Boden steht, diese nicht entsprechend seinen Fähigkeiten zum Gehen zu benutzen? Warum konzentriert sich nicht jeder Einzelne auf den eigenen Misserfolg? Eurokrise in Griechenland oder Politikskandal rund um Julia Timoschenko in der Ukraine, zum Beispiel. Warum wird aus einer Fliege ein Elefant gemacht und dauernd daran  herumgeschnörkelt? Was hat man selbst davon, wenn man die anderen schlecht macht?

Es geht hier nicht um Elsner persönlich, sondern um die gegebene Situation, die aufgrund seiner Persönlichkeit natürlich noch größer aufgeblasen wird. An seiner Stelle könnte jeder oder jede Andere stehen, ein unauffälliger Bürger, mit dem jedoch viel rascher, ohne langes Herumschnörkeln umgegangen werden würde. Jedem sollte die Freiheit dazu gegeben werden seinen Lebensstil frei ausüben.

Varvara Shcherbak    
 

die-frau.at