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Wunsch an Alma Zadic Ende der Geheimakten und der Toleranz gegenüber Amtsmissbrauch
06.01.2020
In der österreichischen Justiz liegt vieles im Argen. Es besteht großer Handlungsbedarf, da teilweise Gesetze, teilweise die Justizrealität entgegen der Grund- und Menschenrechte sind. Es ist hier nicht einmal ein europäischer Mindeststandard gewahrt.

Es gibt einige große Themen:

1.)   Das „geheime“ Tagebuch, in welches nicht einmal die Betroffenen Einsicht haben, statt - wie sonst internationaler und auch österreichischer Standard – „begründet“ „vorübergehend“ von der Akteneinsicht Teile auszunehmen.

2.)   Die „geheimen“ Akten der Oberstaatsanwaltschaft und des Bundesministeriums für Justiz betreffend Personen

3.)   Die Berichtsakten gem. § 8 StAG

4.)   Das geheime, vor allem informelle Weisungsrecht im Strafverfahren

5.)   § 1 Abs. 1 Z 12 MedienG und § 50 Abs 4 MedienG

6.)   Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem durch den § 210 Abs 3 letzter Satz stopp

7.)   Zuständigkeit bei Amtsmissbrauch bis zu einem Schaden von Euro 4,99 Mio sowie Korruption bis Euro 3.499,-- bei den „lokalen“ Staatsanwaltschaften nicht bei der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption
 
Ad 1.) Das „geheime“ Tagebuch:

Als ein bekannter Grazer, den der designierte Vizekanzler Kogler bestens kennt, durchgekämpft hat, dass ein Einsichtsrecht der Parteien in den Antrags- und Verfügungsbogen besteht, wurde einfach alles, das wesentlich ist, in das „geheime“ Tagebuch, für welches kein Einsichtsrecht besteht, ausgelagert und damit, demokratisch unvertretbar ( wie in der Zeit vor 1945) neuerlich ein Geheimakt, (entgegen dem § 1 Abs 1 Rechtsüberleitungsgesetz iVm Art 7 B-VG), auf Dauer geschaffen.

Ad 2.) Die „geheimen“ Akten der Oberstaatsanwaltschaft und des Bundesministeriums für Justiz betreffend Personen:

Betreffend Personen nach „freier“ Wahl, oder wenn sich Personen beim Ministerium beschweren, einen Staatsanwalt/eine Staatsanwältin etc. anzeigen, dann entsteht sowohl bei der Oberstaatsanwaltschaft und in Fällen nach „freier“ Wahl auch im Bundesministerium für Justiz je ein Akt – dort direkt zuständig Ltd. StA Dr. Jirovksy und Sektionschef Ltd. StA Mag. Pilnacek – die von der Akteneinsicht, genauso wie das Tagebuch, ohne dass es dafür eine denkmögliche, demokratische gesetzliche Rechtfertigung gibt, ausgeschlossen sind.

Ad 3.) Die Berichtsakten gem. § 8 STAG:

Es werden Angelegenheiten betreffend bestimmte Personen entweder, um diese vor Strafverfolgung zu schützen oder um diese, wenn auch nur irgendwie möglich, anzuklagen als berichtsaktpflichtig erklärt. Warum das so ist, wird zu keinem Zeitpunkt offengelegt, sondern gehandhabt wie das „geheime“ Tagebuch und die „geheimen“ Oberstaatsanwaltschafts- und Ministeriumsakten.

In der Handhabung, nicht laut Gesetz, gibt es zwei unterschiedliche Berichtsakten:

Die einen sind jene, bei denen einen Staatsanwalt/eine Staatsanwältin im Nachhinein berichten muss. Wozu? Damit überprüft werden kann, ob einen Staatsanwalt/eine Staatsanwältin wie erwartet, ohne dass es dazu einer Weisung bedurft hätte, entschieden hat, sodass sich einen Staatsanwalt/eine Staatsanwältin an diese unmissverständlichen „Wünsche“, die nirgends als Weisung erfasst sind, halten.

Im zweiten Fall muss vorher berichtet werden, wenn sichergestellt werden soll, dass sich einen Staatsanwalt/eine Staatsanwältin bei ihrer Entscheidung nicht „irrt“. Über diese entscheiden nur in Ausnahmefällen der Weisenrat, der eine Mogelpackung ist. In der Regel, aber ohne Weisenrat, entscheiden in letzter Konsequenz auf höchster Beamtenebene im Bundesministerium.

Kulterer und Xander wurden beide wegen eines Darlehens an die Styrian Airways zu mehrjährigen Zusatzhaftstrafen verurteilt. Diejenigen, welche diese Darlehen herausgelockt und erhalten haben wurden nicht einmal in ein staatsanwaltschaftliches Erhebungsverfahren involviert, wie der designierte Vizekanzler Mag. Kogler erfahren musste. Für diese gilt die gesetzliche Unschuldsvermutung, dass niemand schuldig ist, solange kein Gericht dies urteilt.

Wenn sich ein Staatsanwalt wie Mag. Ressi in Leoben weigert, „wunschgemäß“ zu handeln/zu ermitteln, wird ihm der Akt binnen Stunden abgenommen und einem Staatsanwalt zugeteilt, der tut, was von ihm „erwartet“ wird.

Ad 4.) Weisungsrecht im Strafverfahren:

Das Staatsanwaltschaftsgesetz sieht klare Regelungen für Weisungen vor, die für Transparenz sorgen sollen. Die Realität sieht so aus, dass es Berichtakten gibt, was man mitbekommt anhand dessen, wie der Akt behandelt wird. Es gibt aber keinerlei offizielles Statement dazu und keine Weisungen im Akt (sei es schriftliche oder Aktenvermerke über mündliche Weisungen).

Es gibt also Geheimakten, die gem. § 1 Abs 1 Rechtsüberleitungsgesetz iVm Art 7 B-VG, da verfassungswidrig, verboten sind und dem Art 6 EMRK widersprechen.

Diese Weisungen, die in der Regel durch Informelles „ersetzt“ werden, führen auch dazu, dass zwar das Staatsanwaltschaftsgesetz vorsieht, dass ein Staatsanwalt Weisungen nicht befolgen muss, die er für nicht gesetzlich hält, faktisch wird aber nicht nur die Weisung sondern auch die informelle „Information“ auf Biegen und Brechen exekutiert, da nicht zuletzt davon die Beförderung und Dienstzuteilung abhängt. Das treibt sehr seltsame Blüten, so dass auf einmal Dinge angeklagt werden, die unter normalen Umständen sofort mangels Anfangsverdacht eingestellt werden würden. Also von einem gerechten Miteinander überhaupt keine Spurt.

Ad 5.) § 1 Abs. 1 Z 12 und § 50 Abs 4 Mediengesetz

Dass in Österreich der „größere Personenkreis“ laut Medieninhaltsdelikt bereits ab 10 Personen gehandhabt wird, ist einer demokratischen Rechtsordnung unwürdig. Das stellt private Facebook – Postings, Schüler Whats-App Gruppen, Familien Chatgruppen, Mails an einen Freundeskreis von mehr als 10 Freunden ins Kriminal. Diesbezüglich gilt auch die Ausnahmeregelung des § 50 Abs 4 Mediengesetz nicht. Dort ist ausdrücklich normiert, dass auch bei Schülerzeitungen und im häuslichen Bereich uam. das Mediengesetz, von einigen Ausnahmen abgesehen, gilt!

Der historische Gesetzgeber hatte die großen Meinungsbildner im Visier und das ist auch richtig. Wer im privaten Hasspostings oder dergleichen veröffentlicht, ist auch ohne Mediengesetz zu bestrafen und auch das ist richtig und wichtig. ABER mit dem Mediengesetz geht sofort die Zuständigkeit des Landesgerichts und mehr einher. Eine ganz andere Dimension. Wie sollen Eltern ihre Kinder schützen? Wo ist auch die Grenze zur Einschüchterung und Zensur?

Das Gesetz und damit die aktuelle Auslegung des § 1 Abs. 1 Z 12 Mediengesetz widerstrebt einem gerechten Miteinander.

Ad 6.)   Verletzung des Grundsatzes ne bis in idem durch den § 210 Abs 3 letzter Satz StPO

Ab Anklageerhebung sind keine Einstellungen mehr möglich und bestehende Einstellungsanträge werden obsolet. Diese Regelung ist emrkrechtlich nicht vertretbar. Sie widerspricht auch dem Verfassungsgesetz.

Der grundrechtlich garantierte (!) Grundsatz des ne bis in idem sieht nicht nur ein Doppelbestrafungsverbot, sondern auch ein Doppelverfolgungsverbot vor. Wenn man sich also einer Hauptverhandlung unter allen Umständen unterwerfen muss, um einen Freispruch (keine Einstellung!) zu erhalten, die einem sowieso zusteht, so ist das gegen die Menschenrechte, die auch erniedrigende Behandlung verbieten, was es eindeutig ist, wenn man ohne Grundlage gezwungen wird sich psychisch und finanziell einer Hauptverhandlung zu stellen, die noch dazu Ehre und Ansehen schadet.

Auch hier gibt es kein gerechtes Miteinander.

Ad 7.) Zuständigkeit bei Amtsmissbrauch:

Im Volksmund heißt aus gutem Grund Amtsmissbrauch Korruption, weil nur in Ausnahmefällen Amtsmissbrauch ohne Verschaffung von Vorteilen erfolgt. Es ist absurd Amtsmissbrauch hinsichtlich der Zuständigkeit wertfrei zu sehen, da gerade Freunderlwirtschaft etc. keine direkten Geldflüsse etc. zum Inhalt hat, aber dennoch Korruption ist. Es ist auch sinnvoll Amtsmissbrauch und Korruption zu einem Paragraphen des Strafgesetzbuches zusammenzufassen und die Zuständigkeit generell bei der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption zu verfügen. „Lokale“ Staatsanwaltschaften „neigen“ dazu Amtsmissbrauch, vor allem ab besserer Bildungsqualifikation der BeamtInnen, mit absurden Begründungen hinsichtlich der subjektiven Tatseite nicht zu verfolgen.


WS

die-frau.at