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Ausgebrannt – was tun?
23.11.2010
In den letzten Wochen entflammte wieder das Thema rund um Burnout und seine Folgen. Warum gerade Burnout öffentlich so interessant ist, liegt auf der Hand: Letztes Jahr waren 2,5 Millionen Krankenstandstage auf psychische Erkrankungen zurückzuführen. Dies geht aus den Daten des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger (HVST) hervor.
Der volkswirtschaftliche Schaden ist enorm: Burnout-Symptomatik und Stress kosteten Österreich laut Patientenbericht des WIFO im selben Jahr sieben Milliarden Euro.

Eine Gallup Umfrage in Deutschland im Jahr 2008 ergab, dass bereits jeder fünfte Arbeitnehmer innerlich gekündigt hat, nur noch 13 % arbeiten engagiert.

Was genau ist Burnout?

Oft werden in den Medien „Tipps“ vermittelt, wie man Burnout vermeiden oder entgegenwirken kann. Einige davon sind: Gönnen Sie sich ein paar Tage Urlaub, nehmen Sie sich Zeit für sich selbst, entspannen Sie bei einem langen Bad oder kaufen Sie sich ein neues Parfum.

All das mag vielleicht helfen, wenn man sich etwas gestresst fühlt oder ein wenig Abstand braucht, doch wer wirklich unter Burnout leidet, dem helfen solche Verdrängungsmechanismen überhaupt nicht. Zunächst einmal muss man sich darüber bewusst werden, was Burnout überhaupt ist.

Der Österreichische Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP) hat die typischen Symptome von Burnout zusammengestellt:

  • Vegetative Symptome wie Herzrasen, Schweißausbrüche, Panikzustände, erste Anzeichen sind häufig Einschlaf- und Durchschlafstörungen
  • Anhaltende bzw. zunehmende, tief greifende psycho-physische Erschöpfung - Emotionale Erschöpfung, Müdigkeit, Energielosigkeit, alle Anzeichen einer Depression, Antriebslosigkeit, Traurigkeit, Mutlosigkeit, Suizidgedanken, Rückzug aus sozialen Kontakten, Ängste und Entfremdungsgefühle
  • Erheblich reduziertes Selbstwertgefühl in Bezug auf die eigene berufsbezogene Leistungsfähigkeit
  • Überempfindlichkeit auf zusätzliche Reize, z. B. Musik, viele Stimmen, Fernsehen etc.
  • Symptome treten bei ansonsten psychisch gesunden Menschen auf und entwickeln sich schleichend über einen längeren Zeitraum
  • Symptome verstärken sich im Arbeitszusammenhang, bzw. arbeitsbezogen
  • Reduzierte Leistungsfähigkeit - Effektivität nimmt ab und Arbeitsergebnisse werden schlechter, abhängig von der negativen Einstellung
  • Ablehnung und Zynismus (Maslach Burnout Inventory Skale)


Krankmacher am Arbeitsplatz


Wer einer Arbeit nachgeht, in der er einerseits viel Arbeit und Verantwortung hat, andererseits wenig Mitspracherecht, hat ein höheres Risiko, an Burnout zu erkranken. Eine Studie des Consultingunternehmens „Business Doctors“ aus dem Jahr 2008 fand heraus:

  • Beschäftigte in einer nicht-leitenden Funktion haben ein deutlich höheres Burnout-Risiko als Beschäftigte in einer Leitungsfunktion
  • Je höher das Einkommen, desto geringer das Burnout-Risiko
  • Bei Personen mit Kindern im Haushalt ist das Burnout-Risiko höher
  • Nacht- und Schichtdienst, sowie Wochenendarbeit erhöhen das Burnout-Risiko

Der Zusammenhang zwischen Burnout-Risiko und Krankenstandstagen wurde in dieser Studie ebenfalls bestätigt: Burnoutgefährdete Personen sind deutlich öfter im Krankenstand als ihre nicht-gefährdeten Kollegen.

Im Unterschied dazu konnten Merkmale festgestellt werden, die Burnout verhindern oder das Risiko senken:

  • Personen, die ihre Tätigkeit als abwechslungsreich und interessant empfinden, sind deutlich seltener burnoutgefährdet
  • Der Entscheidungsspielraum spielt eine große Rolle: Personen, die burnoutgefährdet sind, können nur eingeschränkt Entscheidungen treffen oder müssen widersprüchliche Arbeitsanweisungen ausführen
  • Nicht-gefährdete Personen haben ein besseres Verhältnis zu Vorgesetzten und Arbeitskollegen als Gefährdete

Die Ursachen erkennen


In unserer heutigen Gesellschaft gibt es viele Faktoren, die Krankheiten wie Burnout begünstigen. Der ÖBVP nennt einige davon:

  • Globalisierter Kapitalismus und Ökonomisierung aller Lebensbereiche
  • Konsum als Lebenszweck
  • Leistungsdruck
  • Ungleichheit und Armut
  • Manipulierte Individualisierung, Authentizitätsdruck
  • Enteignete Gefühle (Medien – Sitcoms)
  • Instabile Identitäten
  • Reaktion auf Zeitknappheit
  • Arbeitsplatzunsicherheit
  • Subjektivierung von Arbeit: hoher Selbstverwirklichungs- und Selbstdarstellungsanspruch
  • Sparstift und Bürokratisierung z. B. im Bildungsbereich, Sozial- und Gesundheitswesen
  • Mangelnde Trennung von Privatem und Beruflichem
  • Versuch des Individuums, Systemfehler zu kompensieren

Hilfe holen, bevor es zu spät ist


Wenn Sie Ihre Situation als sehr belastend empfinden und das Gefühl haben, nicht mehr weitermachen zu können, dann sollten Sie sich Hilfe holen!
Sie sollten versuchen, die belastenden Arbeitsbedingungen zu ändern – sprechen Sie mit Ihrem Vorgesetzten und mit Kollegen. Sollten Sie kein Verständnis vorfinden, wenden Sie sich an die Arbeiterkammer oder eine Interessensvertretung und holen sich dort Rat.

Was man noch tun kann
  • Burnout zum Thema machen: nicht alleine damit bleiben, ansprechen, mit anderen Betroffenen zusammen an einem Strang ziehen
  • Mehr Personal fordern
  • Burnout-gefährdete Personen erkennen und ernst nehmen
  • Vernünftige Arbeitsbelastung sichern
  • Mitentscheidungsmöglichkeiten ausbauen, Wahl- und Kontrollmöglichkeit ausbauen
  • Für Anerkennung Sorge tragen
  • Unterstützendes Team aufbauen
  • Für Fairness, Respekt und soziale Gerechtigkeit am Arbeitsplatz sorgen
  • Klare Werte und sinnvolle Arbeit, Wertekonflikte auflösen
  • Selbstbestimmte Abgrenzung, gesunder Egoismus, Selbstliebe stärken

(mf)




die-frau.at